Autoritäres Potenzial in Österreich trotz Krisen gering

Die Zustimmung zur Demokratie in Österreich sinkt leicht seit den 1990ern. Krisenmomente führen aber nicht zu einer automatischen Steigerung des autoritären Potenzials in Österreich.

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Foto: photonews.at | Georges Schneider | Illustration: ResPublica

In einer aktuellen Studie untersuchten die Politologen und Meinungsforscher Peter Hajek und Peter Ulram die Demokratie(un)zufriedenheit im Krisenvergleich in Österreich. Die Studie basiert auf Datensätzen der Institute GfK-Austria und SPECTRA sowie Peter Hajeks gleichnamiger Firma, die die aktuelle Untersuchung des Jahres 2021 lieferte. Dabei wurden die Wirtschafts- und Finanzkrise 2009, die sogenannte Flüchtlingskrise 2015/2016 und die Covid-19-Krise 2021 analysiert.

Demokratieverständnis in Österreich gefestigt

Das Demokratiebewusstsein in Österreich blieb zwischen den 1990ern und der Covid-Krise 2021 relativ stabil. 83 Prozent der Befragten stimmen zu, dass die Demokratie auf jeden Fall besser ist als eine Diktatur – diese Gruppe gehört zu den Demokrat:innen. 

Nicht einmal zehn Prozent (8 Prozent) macht die Gruppe der Autoritären aus. Diese Gruppe würde zustimmen, dass unter bestimmten Umständen eine Diktatur besser sein kann als eine Demokratie.

Vier Prozent der Befragten geben an, dass es ihnen egal ist, ob sie in einer Demokratie oder einer Diktatur leben – dies ist die Gruppe der „Entfremdeten“.

Insgesamt machen die Gruppierungen der Autoritären und der Entfremdeten zusammen das autoritäre Potenzial in Österreich aus. Dieser Wert lag in allen drei Krisenmomenten immer um die zehn Prozent (12 Prozent aktuell). Krisen erhöhen also nicht automatisch die Zahl der Autoritären in Österreich. Dieses Potenzial findet sich nicht nur auf der selbst verorteten rechten Seite des politischen Spektrums, sondern auch auf der linken und im Mittelfeld.

Auch die Annahme, dass ältere Menschen signifikant höhere autoritäre Tendenzen als junge Menschen aufweisen, ist falsch. 15 Prozent der Befragten zwischen 16 und 29 gehören zur Gruppe der Autoritären. 

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Autoritäre möglicherweise impfbereiter als Entfremdete

Die gemeinschaftliche Verantwortung, die mit einer Impfung einhergeht, wird von der Gruppe der Entfremdeten aufgrund ihrer Ablehnung von der Vorstellung einer kollektiven staatlichen Gemeinschaft und übergeordneter Verantwortung verweigert. Durch eine Impfung wird ja nicht nur die geimpfte Person, sondern auch die Menschen in ihrem Umfeld geschützt. Sie gehören deswegen sehr oft zur Gruppe der Impfgegner:innen. Grund dafür? "Dem Autoritären kann man möglicherweise autoritär etwas verordnen, während der Entfremdete sagt, mit mir bitte nicht“, so die Interpretation von Ulram und Hajek.

Impfskeptiker:innen hingegen könnten laut den Autoren, mit den richtig erscheinenden Argumenten, immer noch von einer Impfung überzeugt werden. Trotzdem sind sie eher zur Gruppe mit autoritärem Potenzial zu zählen. 

Auch abgefragt wurden sogenannten "weiche Indikatoren": so unterliegt die Leistungsfähigkeit der Demokratie starken Schwankungen.
Während den 1990ern hegten 25 Prozent der Befragten Zweifel, ob die Demokratie wirklich Probleme in Österreich lösen kann, wohingegen in Zeiten der Wirtschaftskrise nur 13 Prozent der Befragten zweifelten. Diese Schwankungen wiederholten sich in der sogenannten Flüchtlingskrise, in der die Zahl der Zweifler einem Steigungstrend folgte (28 Prozent Zweifler), während der Covid-19 Krise jedoch wieder sank (14 Prozent).

Die Zahlen sind allerdings mit Vorsicht zu genießen, da sie starken Schwankungen unterliegen. Das sagt auch Hajek selbst. Da könne schon das aktuelle Nachrichtenthema zu einem Absturz der Zufriedenheit führen. Für die Umfrage-Autoren sind diese Zahlen deshalb nur "weiche Indikatoren". Wichtiger seien "harte Indikatoren", die grundlegendere Einstellungen abfragen.

Das Fazit der Studienautoren:

  • Es gibt rund 10 Prozent autoritäres Potenzial in Österreich - dies hat sich während der drei Krisenmomente kaum verändert.
  • Sowohl im linken, rechten und auch selbst verorteten politischen Mittelfeld sind autoritäre Tendenzen zu finden; auch unter jungen Menschen (15 Prozent).
  • Das autoritäre Potenzial ist unter Impfskeptiker:innen signifikant größer, als unter Impfbefürworter:innen. Entfremdete sind dabei noch schwerer von einer Impfung zu überzeugen als Autoritäre.